adioaktiv" richtig aussprechen
konnten, und natuerlich auch dann noch nicht wussten, was das sei.
Humbug sei es, meinte der Amtsgerichtsrat, und wenn man dieser Auslegung
auch viel Beifall zollte, so verschafften sich doch einige Waltersburger
heimlich je drei Flaschen von den neuen Sprudeln, und abends wurde im
"Loewen" statt der sonst so beliebten Weinprobe eine Wasserprobe
abgehalten. Der Pfropfen der ersten Flasche flog mit einem Knall gegen die
Decke.
"Wie - wie bei Champagner", stammelte Herr Hirsemann.
"Bloedsinn", knurrte der Amtsgerichtsrat; "das is Kohlensaeure; die is dem
Wasser eingepumpt; alles kuenstlich, nichts natuerlich; ich kenn doch die
Wasserpfuetzen drueben - Betrug is es, glatter Betrug!" So wartete man, bis
sich die Kohlensaeure verfluechtet hatte, dann trank der Baecker und sagte:
"'s schmeckt 'n bissel salzig."
"Weil Sie heut abend wieder Salzhering gegessen haben", grollte der
Richter.
"Salzig kann man nicht sagen", meinte der Getreidekaufmann Schneider,
"sondern so mehr saeuerlich!"
"Ja, weil Sie von gestern noch 'ne saure Schnauze haben", zuernte Herr
Knopf.
Unter solchen Umstaenden haette der Loewenwirt, der auch mit probierte, mit
seiner Aeusserung, das Wasser scheine ihm aber stark nach Schwefel zu
schmecken, zurueckhalten sollen; denn der schlecht gelaunte Richter fuhr
ihn an: "Mensch, wenn Sie tagaus, tagein nischt anderes rauchen als Ihre
eigenen Zigarren, muss Ihnen natuerlich alles nach Schwefel schmecken."
Darauf einigte man sich endlich: dieses Wasser schmecke wie jedes andere
gewoehnliche Brunnenwasser und sei keinen Pfifferling wert.
Ganz kurze Zeit darauf gab es in Waltersburg eine neue Aufregung. Die
Neustaedter hatten sich fuer ihr Bad einen Propagandachef engagiert.
"Propagandachef!" - Dieses Wort war in Waltersburg seit Erschaffung der
Welt noch nicht einmal ausgesprochen worden. Die Neustaedter aber wussten
nicht bloss, dass es so etwas gaebe, sie engagierten es sogar. Und der
Propagandachef war ein Jude. Als das bekannt wurde, sagte der Baecker
abends im "Loewen":
"Die Kerle in Neustadt verlieren den letzten Rest von Schamgefuehl."
Aber da widersprach der Amtsgerichtsrat, hauptsaechlich deswegen, weil er
immer widersprach:
"Jude hin, Jude her! Es is 'n alter Witz, dass in den ganzen Antisemitismus
nich eher 'n richtiger Schwung kommen wird, ehe ihn nicht die Juden selbst
machen. Wenn die Neustaedter ihre faule Sache deichseln wollen, mussten sie
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