FREE BOOKS

Author's List




PREV.   NEXT  
|<   23   24   25   26   27   28   29   30   31   32   33   34   35   36   37   38   39   40   41   42   43   44   45   46   47  
>>  
ffen wusste sie es mit sicherem Geschmack zu behandeln. Sie zeigte einen nervoesen Sinn fuer differenzierte Klangfarbe und eine Freude an rhythmischer Beweglichkeit, die bis zum Phantastischen ging. Ihr Anschlag war sowohl fest als weich. Unter ihren Haenden sang die Melodie ihre letzte Suessigkeit aus, und mit einer zoegernden Grazie schmiegten sich die Verzierungen um ihre Glieder. Sie trug das Kleid vom Tage ihrer Ankunft: die dunkle, gewichtige Taille mit den plastischen Sammetarabesken, die Haupt und Haende so unirdisch zart erscheinen liess. Ihr Gesichtsausdruck veraenderte sich nicht beim Spiele, aber es schien, als ob die Umrisse ihrer Lippen noch klarer wuerden, die Schatten in den Winkeln ihrer Augen sich vertieften. Als sie geendigt hatte, legte sie die Haende in den Schoss und fuhr fort, auf die Noten zu blicken. Herr Spinell blieb ohne Laut und Bewegung sitzen. Sie spielte noch ein Nocturne, spielte ein zweites und drittes. Dann erhob sie sich; aber nur, um auf dem oberen Klavierdeckel nach neuen Noten zu suchen. Herr Spinell hatte den Einfall, die Baende in schwarzen Pappdeckeln zu untersuchen, die auf dem Drehsessel lagen. Ploetzlich stiess er einen unverstaendlichen Laut aus, und seine grossen, weissen Haende fingerten leidenschaftlich an einem dieser vernachlaessigten Buecher. "Nicht moeglich! ... Es ist nicht wahr! ... " sagte er ... "Und dennoch taeusche ich mich nicht! ... Wissen Sie, was es ist? ... Was hier lag? ... Was ich hier halte? ... " "Was ist es?" fragte sie. Da wies er ihr stumm das Titelblatt. Er war ganz bleich, liess das Buch sinken und sah sie mit zitternden Lippen an. "Wahrhaftig? Wie kommt das hierher? Also geben Sie", sagte sie einfach, stellte die Noten aufs Pult, setzte sich und begann nach einem Augenblick der Stille mit der ersten Seite. Er sass neben ihr, vornuebergebeugt, die Haende zwischen den Knieen gefaltet, mit gesenktem Kopfe. Sie spielte den Anfang mit einer ausschweifenden und quaelenden Langsamkeit, mit beunruhigend gedehnten Pausen zwischen den einzelnen Figuren. Das Sehnsuchtsmotiv, eine einsame und irrende Stimme in der Nacht, liess leise seine bange Frage vernehmen. Eine Stille und ein Warten. Und siehe, es antwortet: derselbe zage und einsame Klang, nur heller, nur zarter. Ein neues Schweigen. Da setzte mit jenem gedaempften und wundervollen Sforzato, das ist wie ein Sich-Aufraffen und seliges Aufbegehren der Leiden schaft, das Liebesmotiv ein,
PREV.   NEXT  
|<   23   24   25   26   27   28   29   30   31   32   33   34   35   36   37   38   39   40   41   42   43   44   45   46   47  
>>  



Top keywords:

Haende

 

spielte

 

Lippen

 

setzte

 

Stille

 
einsame
 

zwischen

 

Spinell

 

stellte

 
einfach

hierher

 

Geschmack

 
vornuebergebeugt
 

ersten

 

sicherem

 

begann

 

Augenblick

 

Wahrhaftig

 

behandeln

 
sinken

Wissen

 

Klangfarbe

 

dennoch

 

taeusche

 

differenzierte

 

fragte

 

bleich

 
wusste
 

zeigte

 

nervoesen


Titelblatt

 

zitternden

 

gefaltet

 

zarter

 
Schweigen
 

heller

 

antwortet

 

derselbe

 
gedaempften
 
Aufbegehren

Leiden

 

schaft

 

Liebesmotiv

 

seliges

 

Aufraffen

 

wundervollen

 

Sforzato

 
Warten
 

beunruhigend

 

gedehnten