e Bangen je zum
oeden Tage zurueckerwachen? Banne du das Bangen, holder Tod! Loese du nun
die Sehnenden ganz von der Not des Erwachens! O fassungsloser Sturm der
Rhythmen! O chromatisch empordraengendes Entzuecken der metaphysischen
Erkenntnis! Wie sie fassen, wie sie lassen, diese Wonne fern den
Trennungsqualen des Lichts? Sanftes Sehnen ohne Trug und Bangen, hehres,
leidloses Verloeschen, ueberseliges Daemmern im Unermesslichen! Du Isolde,
Tristan ich, nicht mehr Tristan, nicht mehr Isolde----
Ploetzlich geschah etwas Erschreckendes. Die Spielende brach ab und
fuehrte ihre Hand ueber die Augen, um ins Dunkel zu spaehen, und Herr
Spinell wandte sich rasch auf seinem Sitze herum. Die Tuer dort hinten,
die zum Korridor fuehrte, hatte sich geoeffnet, und herein kam eine
finstere Gestalt, gestuetzt auf den Arm einer zweiten. Es war ein Gast
von >Einfried<, der gleichfalls nicht in der Lage gewesen war, an der
Schlittenpartie teilzunehmen, sondern diese Abendstunde zu einem seiner
instinktiven und traurigen Rundgaenge durch die Anstalt benutzte, es war
jene Kranke, die neunzehn Kinder zur Welt gebracht hatte und keines
Gedankens mehr faehig war, es war die Pastorin Hoehlenrauch am Arme ihrer
Pflegerin. Ohne aufzublicken, durchmass sie mit tappenden, wandernden
Schritten den Hintergrund des Gemaches und entschwand durch die
entgegengesetzte Tuer, -- stumm und stier, irrwandelnd und unbewusst. --
Es herrschte Stille.
"Das war die Pastorin Hoehlenrauch", sagte er.
"Ja, das war die arme Hoehlenrauch", sagte sie. Dann wandte sie die
Blaetter und spielte den Schluss des Ganzen, spielte Isoldens Liebestod.
Wie farblos und klar ihre Lippen waren, und wie die Schatten in den
Winkeln ihrer Augen sich vertieften! Oberhalb der Braue, in ihrer
durchsichtigen Stirn, trat angestrengt und beunruhigend das blassblaue
Aederchen deutlicher und deutlicher hervor. Unter ihren arbeitenden
Haenden vollzog sich die unerhoerte Steigerung, zerteilt von jenem beinahe
ruchlosen, ploetzlichen Pianissimo, das wie ein Entgleiten des Bodens
unter den Fuessen und wie ein Versinken in sublimer Begierde ist. Der
Ueberschwang einer ungeheuren Loesung und Erfuellung brach herein,
wiederholte sich, ein betaeubendes Brausen massloser Befriedigung,
unersaettlich wieder und wieder, formte sich zurueckflutend um, schien
verhauchen zu wollen, wob noch einmal das Sehnsuchtsmotiv in seine
Harmonie, atmete aus, erstarb, verklang, entschwebte.
Tiefe Stille.
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