be ich jedoch eine andere Richtung in der
Pflanzengeographie eingeschlagen, die, von der Systematik ganz absehend,
von den Wechselbeziehungen zwischen der Pflanze und ihrer Umgebung
ausgeht, um zunaechst die verschiedenartige Physiognomie der Floren unserem
Verstaendniss naeher zu bringen, und einst vielleicht, in Verbindung mit der
systematischen Pflanzengeographie und der Palaeontologie, uns einen
Einblick in die Entwickelungsgeschichte der Pflanzenwelt und die
Betheiligung aeusserer Einfluesse an derselben gewaehren wird. Es sei
ausdruecklich bemerkt, dass ich, mit WEISMANN, diese aeusseren Factoren
nicht als direkte Veranlassung erblicher Merkmale, also auch der
Anpassungen betrachte; ihre Rolle ist auf die Auslese der jeweilig
geeignetsten Variationen beschraenkt; diese aber verdanken inneren Ursachen
ihre Entstehung(34).
Neu ist die biologische Pflanzengeographie uebrigens nicht, indem sich in
DARWIN's Werken, in GRISEBACH's _Vegetation der Erde_, in meiner ersten
Arbeit ueber Epiphyten und derjenigen ueber Ameisenpflanzen, in SCHENCK's
_Wasserpflanzen_ und VOLCKEN's _Wuestenflora_ hierher gehoerige Anschauungen
befinden.
Die von der Systematik unterschiedenen Gruppen, an deren Natuerlichkeit ich
keine Veranlassung habe zu zweifeln, beruhen auf Merkmalen, die in keinem
erkennbaren Zusammenhang mit den Lebensbedingungen stehen. Die
systematische Pflanzengeographie verzichtet daher von vornherein auf jede
Erklaerung; sie lehrt aber die Centren kennen, aus welchen ein neuer Typus
sich verbreitet hat, und zeichnet die von ihm eingenommene Area. Die
biologische Pflanzengeographie verfolgt diesen neuen Typus in seinen
Wechselwirkungen mit der Umgebung, versucht die aeusseren Einfluesse
festzustellen, welche die Variationen in bestimmte Bahnen lenkten,
diejenigen, welche die Ausbreitung neuer Formen beguenstigten oder hemmten.
Zur Loesung solcher Fragen muessen wir aber, im Gegensatz zu den
systematischen Pflanzengeographen, von denjenigen Merkmalen ausgehen,
deren Beziehungen zu der Umgebung am klarsten sind, und, da wir aus
vereinzelten Erscheinungen keine sicheren Schluesse ziehen koennen, die
Pflanzen, ohne Ruecksicht auf ihre Verwandtschaft, nach der Natur ihrer
Anpassungen gruppiren.
In dieser Arbeit haben wir die epiphytisch lebenden Gewaechse zu einer
solchen Gruppe vereinigt. Wir wussten, dass, waehrend in den Waeldern der
meisten temperirten Gebiete im Kampf ums Licht nur niedere Kryptogamen
eine Zuflucht
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