r, und auf dem dunkeln Grunde bilden sich neue zirkelrunde Flechten
von blendender Weisse. So lagert sich schichtenweise ein organisches
Gewebe auf das andere; und wie das sich ansiedelnde Menschengeschlecht
bestimmte Stufen der sittlichen Kultur durchlaufen muss, so ist die
allmaehlige Verbreitung der Pflanzen an bestimmte physische Geseze
gebunden. Wo jezt hohe Waldbaeume ihre Gipfel luftig erheben, da ueberzogen
einst zarte Flechten das erdenlose Gestein. Laubmoose, Graeser, krautartige
Gewaechse und Straeucher, fuellen die Kluft der langen aber ungemessenen
Zwischenzeit aus. Was im Norden Flechten und Moose, das bewirken in den
Tropen _Portulacca_, _Gomphrenen_ und andere niedrige Uferpflanzen. Die
Geschichte der Pflanzendecke, und ihre allmaehlige Ausbreitung ueber die oede
Erdrinde, hat ihre Epochen, wie die Geschichte des spaetern
Menschengeschlechts.
Ist aber auch Fuelle des Lebens ueberall verbreitet; ist der Organismus auch
unablaessig bemueht, die durch den Tod entfesselten Elemente zu neuen
Gestalten zu verbinden: so ist diese Lebensfuelle und ihre Erneuerung doch
nach Verschiedenheit der Himmelsstriche verschieden. Periodisch erstarrt
die Natur in der kalten Zone; denn Fluessigkeit ist Bedingniss zum Leben.
Thiere und Pflanzen (Laubmoose und andre Cryptogamen abgerechnet) liegen
hier viele Monate hindurch im Winterschlaf vergraben. In einem grossen
Theile der Erde haben daher nur solche organische Wesen sich entwickeln
koennen, welche einer betraechtlichen Entziehung von Waermestoff widerstehen,
oder einer langen Unterbrechung der Lebensfunctionen faehig sind. Je naeher
dagegen den Tropen, desto mehr nimmt Mannichfaltigkeit der Bildungen,
Anmuth der Form und des Farbengemisches, ewige Jugend und Kraft des
organischen Lebens zu.
Diese Zunahme kann leicht von denen bezweifelt werden, welche nie unsern
Welttheil verlassen, oder das Studium der allgemeinen Erdkunde
vernachlaessigt haben. Wenn man aus unsern dicklaubigen Eichenwaeldern ueber
die Alpen oder Pyrenaeen-Kette nach Welschland oder Spanien hinabsteigt;
wenn man gar seinen Blick auf die afrikanischen Kuestenlaender des
Mittelmeeres richtet: so wird man leicht zu dem Fehlschlusse verleitet,
als sei Baumlosigkeit der Charakter heisser Klimate. Aber man vergisst,
dass das suedliche Europa eine andere Gestalt hatte, als pelasgische oder
carthagischc Pflanzvoelker sich zuerst darinn festsezten; man vergisst,
dass fruehere Bildung des Menschengeschlechts d
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