er schwierigste Theil der Dogmengeschichte ist ihr Anfang, nicht nur
weil in dem Anfang die Keime fuer alle spaeteren Entwickelungen liegen,
und daher ein Beobachtungsfehler beim Beginn die Richtigkeit der ganzen
folgenden Darstellung bedroht, sondern auch desshalb, weil die Auswahl
des wichtigsten Stoffs aus der Geschichte des Urchristenthums und der
biblischen Theologie ein schweres Problem ist. Der Eine wird finden,
dass ich zu viel in das Buch aufgenommen habe, und der Andere zu
wenig--vielleicht haben Beide recht; ich kann dagegen nur anfuehren, dass
sich mir die getroffene Auswahl nach wiederholtem Nachdenken und
Experimentiren auf's Neue erprobt hat.
Wer ein theologisches Buch aufschlaegt, fragt gewoehnlich zuerst nach dem
"Standpunkt" des Verfassers. Bei geschichtlichen Darstellungen sollte
man so nicht fragen. Hier handelt es sich darum, ob der Verfasser einen
Sinn hat fuer den Gegenstand den er darstellt, ob er Originales und
Abgeleitetes zu unterscheiden versteht, ob er seinen Stoff volkommen
kennt, ob er sich der Grenzen des geschichtlichen Wissens bewusst ist,
und ob er wahrhaftig ist. Diese Forderungen enthalten den kategorischen
Imperativ fuer den Historiker; aber nur indem man rastlos an sich selber
arbeitet, sind sie zu erfullen,--so ist jede geschichtliche Darstellung
eine ethische Aufgabe. Der Historiker soll in jedem Sinn _treu_ sein: ob
er das gewesen ist, darnach soll mann fragen.
_Berlin_, am 1. Mai, 1894.
ADOLF HARNACK.
THE AUTHOR'S PREFACE TO THE ENGLISH EDITION.
No theological book can obtain a place in the literature of the world
unless it can be read both in German and in English. These two languages
combined have taken the place of Latin in the sphere of Christian
Science. I am therefore greatly pleased to learn that my "History of
Dogma" has been translated into English, and I offer my warmest thanks
both to the translator and to the publishers.
The most difficult part of the history of dogma is the beginning, not
only because it contains the germs of all later developments, and
therefore an error in observation here endangers the correctness of the
whole following account, but also because the selection of the most
important material from the history of primitive Christianity and
biblical theology is a hard problem. Some will think that I have
admitted too much into the book, others too little. Perhaps both are
right. I can only reply that after repeated consideration a
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