* * * * *
Von deinen musikalischen Studien erhole dich fleissig durch
Dichterlectuere. Ergehe dich oft im Freien!
* * * * *
Von Saengern und Saengerinnen laesst sich Manches lernen, doch glaube ihnen
auch nicht Alles!
* * * * *
Hinter den Bergen wohnen auch Leute. Sei bescheiden! Du hast noch nichts
erfunden und gedacht, was nicht Andere vor dir schon gedacht und
erfunden. Und haettest du's, so betrachte es als ein Geschenk von Oben,
das du mit Anderen zu theilen hast.
* * * * *
Das Studium der Geschichte der Musik, unterstuetzt vom lebendigen Hoeren
der Meisterwerke der verschiedenen Epochen, wird dich am schnellsten von
Eigenduenkel und Eitelkeit curiren.
* * * * *
Ein schoenes Buch ueber Musik ist das: "Ueber Reinheit der Tonkunst" von
_Thibaut_. Lies es oft, wenn du aelter wirst.
* * * * *
Gehst du an einer Kirche vorbei und hoerst Orgel darin spielen, so gehe
hinein und hoere zu. Wird es dir gar so wohl, dich selbst auf die
Orgelbank setzen zu duerfen, so versuche deine kleinen Finger und staune
vor dieser Allgewalt der Musik.
* * * * *
Versaeume keine Gelegenheit, dich auf der Orgel zu ueben; es giebt kein
Instrument, das am Unreinen und Unsauberen im Tonsatz wie im Spiel
alsogleich Rache naehme, als die Orgel.
* * * * *
Singe fleissig im Chor mit, namentlich Mittelstimmen. Dies macht dich
_musikalisch_.
* * * * *
Was heisst denn aber _musikalisch_ sein? Du bist es nicht, wenn du, die
Augen aengstlich auf die Noten gerichtet, dein Stueck muehsam zu Ende
spielst; du bist es nicht, wenn du (es wendet dir Jemand etwa zwei
Seiten auf einmal um) stecken bleibst und nicht fortkannst. Du bist es
aber, wenn du bei einem neuen Stueck das, was kommt, ohngefaehr ahnest,
bei einem dir bekannten auswendig weisst, -- mit einem Worte, wenn du
Musik nicht allein in den Fingern, sondern auch im Kopf und Herzen hast.
* * * * *
Wie wird man aber _musikalisch_? Liebes Kind, die Hauptsache, ein
scharfes Ohr, schnelle Auffassungskraft, kommt, wie in allen Dingen, von
Ob
|