en. Aber es laesst sich die Anlage bilden und erhoehen. Du wirst es nicht
dadurch, dass du dich einsiedlerisch Tage lang absperrst und mechanische
Studien treibst, sondern dadurch, dass du dich in lebendigem,
vielseitig-musikalischem Verkehr erhaeltst, namentlich dadurch, dass du
viel mit Chor und Orchester verkehrst.
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Mache dich ueber den Umfang der menschlichen Stimme in ihren vier
Hauptarten fruehzeitig klar; belausche sie namentlich im Chor, forsche
nach, in welchen Intervallen ihre hoechste Kraft liegt, in welchen andern
sie sich zum Weichen und Zarten verwenden lassen.
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Hoere fleissig auf alle Volkslieder; sie sind eine Fundgrube der schoensten
Melodien und oeffnen dir den Blick in den Charakter der verschiedenen
Nationen.
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Uebe dich fruehzeitig im Lesen der alten Schluessel. Viele Schaetze der
Vergangenheit bleiben dir sonst verschlossen.
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Achte schon fruehzeitig auf Ton und Charakter der verschiedenen
Instrumente; suche ihre eigenthuemliche Klangfarbe deinem Ohr
einzupraegen.
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Gute Opern zu hoeren, versaeume nie.
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Ehre das Alte hoch, bringe aber auch dem Neuen ein warmes Herz entgegen.
Gegen dir unbekannte Namen hege kein Vorurtheil.
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Urtheile nicht nach dem Erstenmalhoeren ueber eine Composition; was dir im
ersten Augenblick gefaellt, ist nicht immer das Beste. Meister wollen
studirt sein. Vieles wird dir erst im hoechsten Alter klar werden.
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Bei Beurtheilung von Compositionen unterscheide, ob sie dem Kunstfach
angehoeren, oder nur dilettantische Unterhaltung bezwecken. Fuer die der
ersten Art stehe ein; wegen der anderen erzuerne dich nicht!
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"Melodie" ist das Feldgeschrei der Dilettanten, und gewiss, eine Musik
ohne Melodie ist gar keine. Verstehe aber wohl, was jene darunter
meinen; eine leichtfassliche, rhythmisch-gefaellige gilt ihnen allein
dafuer. Es giebt aber auch andere anderen Schlages, und wo du Bach,
Mozart, Beethoven aufschlaegst, blicken sie dich in tausend verschiedenen
Weisen an; des duerftigen Ei
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