urspruenglich weich aus dem Boden und werde erst hart, nachdem er
bearbeitet worden.
Aus dem hier Angefuehrten erhellt, dass der Amazonenstein nicht im Thale des
Amazonenstromes selbst vorkommt, und dass er keineswegs von diesem Flusse
den Namen hat, sondern, wie dieser selbst, von einem Volke kriegerischer
Weiber, welche Pater Acuna und Oviedo in seinem Brief an den Cardinal
Bembo mit den Amazonen der alten Welt vergleichen. Was man in unsern
Sammlungen unter dem falschen Namen "Amazonenstein" sieht, ist weder
Nephrit noch dichter Feldspath, sondern gemeiner apfelgruener Feldspath,
der vom Ural am Onegasee in Russland kommt und den ich im Granitgebirg von
Guyana niemals gesehen habe. Zuweilen verwechselt man auch mit dem so
seltenen und so harten Amazonenstein Werners *Beilstein*,(75) der lange
nicht so zaeh ist. Das Mineral, das ich aus der Hand der Indianer habe, ist
zum *Saussurit*(76) zu stellen, zum eigentlichen Nephrit, der sich
oryctognostisch dem dichten Feldspath naehert und ein Bestandtheil des
*Verde de Corsica* oder des Gabbro ist. Er nimmt eine schoene Politur an
und geht vom Apfelgruenen ins Smaragdgruene ueber; er ist an den Raendern
durchscheinend, ungemein zaeh und klingend, so dass von den Eingeborenen in
alter Zeit geschliffene, sehr duenne, in, der Mitte durchbohrte Platten,
wenn man sie an einem Faden aufhaengt . und mit einem andern harten
Koerper(77) anschlaegt, fast einen metallischen Ton geben.
Bei den Voelkern beider Welten finden wir auf der ersten Stufe der
erwachenden Cultur eine besondere Vorliebe fuer gewisse Steine, nicht
allein fuer solche, die dem Menschen wegen ihrer Haerte als schneidende
Werkzeuge dienen koennen, sondern auch fuer Mineralien, die der Mensch wegen
ihrer Farbe oder wegen ihrer natuerlichen Form mit organischen
Verrichtungen, ja mit psychischen Vorgaengen verknuepft glaubt. Dieser
uralte Steincultus, dieser Glaube an die heilsamen Wirkungen des Nephrits
und des Blutsteins kommen den Wilden Amerikas zu, wie den Bewohnern der
Waelder Thraciens, die wir wegen der ehrwuerdigen Institutionen des Orpheus
und des Ursprungs der Mysterien nicht wohl als Wilde ansprechen koennen.
Der Mensch, so lange er seiner Wiege noch naeher steht, empfindet sich als
Autochthone; er fuehlt sich wie gefesselt an die Erde und die Stoffe, die
sie in ihrem Schoosse birgt. Die Naturkraefte, und mehr noch die
zerstoerenden als die erhaltenden, sind die fruehesten Gegenstaende seiner
Verehrung.
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