Maassen fand den Mut, den letzteren Weg zu waehlen, vornehmlich, weil der
zweifelhafte Ertrag aus hohen Schutzzoellen dem Beduerfnis der Staatskassen
nicht genuegen konnte. Verboten wurde allein die Einfuhr von Salz und
Spielkarten; die Rohstoffe blieben in der Regel abgabenfrei oder einem
ganz niedrigen Zolle unterworfen. Von den Manufakturwaren sollte ein
maessiger Schutzzoll erhoben werden, nicht ueber 10 Prozent, ungefaehr der
ueblichen Schmuggelpraemie entsprechend. Die Kolonialwaren dagegen
unterlagen einem ergiebigen Finanzzolle, bis zu 20 Prozent, da Preussen an
seiner leicht zu bewachenden Seegrenze die Mittel besass, diese Produkte
wirksam zu besteuern.
Dies freieste und reifste staatswirtschaftliche Gesetz des Zeitraums wich
von den herrschenden Vorurteilen so weit ab, dass man im Auslande anfangs
ueber die gutmuetige Schwaeche der preussischen Doktrinaere spottete. Den
Staatsmaennern der absoluten Monarchie faellt ein undankbares
entsagungsvolles Los. Wie laut preist England heute seinen William
Huskisson(3), *one of the world's great spirits*; alle gesitteten Voelker
bewundern die Freihandelsreden des grossen Britten. Der Name Maassens aber
ist bis zur Stunde in seinem eigenen Vaterlande nur einem engen
Gelehrtenkreise vertraut. _Und doch hat die grosse Freihandelsbewegung
unseres Jahrhunderts nicht in England, sondern in Preussen ihren ersten
bahnbrechenden Erfolg errungen._ Das wiederhergestellte franzoesische
Koenigtum hielt in dem Tarife von 1816 die strengen napoleonischen
Prohibitivzoelle gegen fremde Fabrikwaren hartnaeckig fest. Die Selbstsucht
der Emigranten fuegte noch schwere Zoelle auf die Erzeugnisse des Landbaues,
namentlich auf Schlachtvieh und Wolle, hinzu. Auch in England war nur ein
Teil des Handelsstandes fuer die Lehren der Verkehrsfreiheit gewonnen. Noch
stand der Grundherr treu zu den hohen Kornzoellen, der Reeder zu Cromwells
Navigationsakte(4), der Fabrikant zu dem harten Prohibitivsysteme; noch
urteilte die Mehrzahl der Gebildeten wie einst Burke(5) ueber Adam Smith:
solche abstrakte Theorien sind gut genug fuer das stille Katheder von
Glasgow(6). Erst das kuehne Vorgehen der Berliner Staatsmaenner ermutigte
die englischen Freihaendler, mit ihrer Meinung herauszuruecken. Auf das
"glaenzende Beispiel, welches Preussen der Welt gegeben", berief sich die
freihaendlerische Petition der Londoner City, welche Baring im Mai 1820 dem
Parlamente uebergab. An Preussen dachte Huskisson, als er
|